Olympi-Jaaaaaa!!!

Montag, 17. März:
„Olympi-Ja“ steht auf der Titelseite einer großen Hamburger Lokalzeitung. Gleich die halbe Titelseite war damit beschrieben. Am Ende: Der Verweis auf viele weitere Seiten. Seiten, auf denen auch Informationen hätten stehen können, die wesentlich interessanter, informativer und wichtiger wären. Denn die Reaktionen verschiedener Leute bei der Bekanntgebung der Bewerberstadt sind ziemlich belanglos.

Nachrichten eines Privatsenders: Oben rechts in der Ecke steht auch „OLYMPI-JAAA“.
Jeder Bus und jede Bahn: „Feuer und Flamme für Spiele in Hamburg“
Briefmarken mit dieser Aufschrift.
Und, und, und…

So langsam reicht es aber auch. Wie soll es denn am Samstag werden, wenn sich der DOSB dann wirklich entscheidet? Oder wenn der IOC Hamburg den Zuschlag gibt? Und wird jetzt weiterhin jeden Tag eine Seite „Olympia in Hamburg“ erscheinen, bis es 2024 endlich vorrüber ist? Außerdem ist es ja noch nicht geschafft, denn drei Hürden sind noch zu nehmen: Samstag, wenn der DOSB entscheidet; der Volksentscheid, wenn die Hamburger abstimmen dürfen; und noch das IOC, der wohl die größte Hürde sein wird.

Ist das nicht doch zu viel Euphorie?

10 Fakten zu Olympia in Hamburg

Im folgenden sollen in der Presse publizierte Fakten zu Olympia in Hamburg wiedergegeben und anschließend kommentiert werden.

1. Die Olympischen Spiele sind trotz aller Risiken eine große Chance für die sportliche, gesellschaftliche, und wirtschaftliche Entwicklung Hamburgs.

Das klingt sehr optimistisch und fast schon unrealistisch. Egal welche Risiken es sind.

2. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) wird am 21.03.2015 in Frankfurt am Main entscheiden, ob sich Hamburg oder Berlin für die Olympischen Spiele 2024 bewerben soll.

Inzwischen wurde eine Empfehlung abgegeben. Es soll Hamburg sein. Warum auch immer möchte der DOSB aber am Samstag noch einmal entscheiden. Danach dürfen die Hamburger abstimmen und zu guter Letzt entscheidet das IOC.

3. Die Stadtentwicklung werden durch die Olympischen Spiele geprägt.

Ja. Die Entwicklung Hamburgs wird wohl geprägt, aber ob sie im positiven oder negativen Sinne geprägt wird ist unklar. (Wobei dies auch Geschmackssache ist) Ein großes ungenutztes Stadion wäre zum Beispiel nicht so schön, genau so wie Schnellbahntrassen ins nirgendwo. Neue Wohnungen wiederrum wären ein Fortschritt

4. Sport und Kultur gehören zusammen.

Das stimmt wohl, aber bedeutet dies, dass gleich ein gigantisches Sportturnier veranstaltet werden muss?

5. Hamburg muss sich trauen.

Auf jeden Fall!!! Sich für eine solche Investition bereitzuerklären ist nicht ohne. Es kann sehr sehr viel schief gehen. Ist halt sehr gewagt.

6. Olympia fördert den Nachwuchs im Vereinsport

Das wäre ein sehr erfreuliches Ergebnis, denn in Hamburg verlieren Sportvereine immer mehr Mitglieder. Dies liegt wohl an zunehmender anderer Beschäftigung z.B. durch Videospiele und an den immer weniger werdenden Geburten .

7. Olympische Spiele bringen der Stadt mehr als sie kosten.

Wenn das klappt, dann hat die Idee der Nachhaltigkeit gewirkt. Ist dies nicht der Fall, dann wären die Spiele ein Schuss in den Ofen. Dieses Risiko einzugehen ist wie gesagt sehr gewagt.

8. Die Sommerspiele fördern den Wohnungsbau.

Was? Klingt erst einmal sinnlos, aber wenn durch das Stadion auf dem kleinen Grasbrook der „Sprung über die Elbe“ endlich klappt (nach der IBA ind igs war das ja nur teilweise der Fall), dann könnten dort mehr Wohnungen gebaut werden, wobei das Stadion auch Wohnraum wegnimmt. Auf dem olympischen Gelände können sowieso nur wenige Wohnungen entstehen.

9. Olympia verbindet die Völker der Welt.

Der Grundgedanke der modernen Spiele. Nur muss das auch klappen. Dies tut es zwar weitgehend, aber das Attentat auf die Winterspiele 1972 in München verrät anderes. Auch ist es zu Bezweifeln, dass Terrorgruppen vor den Spielen schrecken und ihre Attentate einstellen.

10. Hamburg hat schon viele geeignete Arenen.

Ja, Hamburg hat zwar viele Arenen, die aber auch noch erweitert und hergerichtet werden müssen. Hinterher soll ja hinterher wieder rückgebaut werden…

 

Das Geld regnet ja scheinbar vom Himmel

Kommentar: Warum Hamburg nur verlieren kann

„Feuer und Flamme für die Spiele in Hamburg. Weil Hamburg nur gewinnen kann.“ Unabhängig davon, dass Hamburg den Entscheid wo die Spiele ausgetragen werden „nur gewinnen kann“, kann Hamburg in vielen Bereichen nur verlieren. Es gibt viele Gefahren die eine Bewerbung birgt, u.a. finanzielle, soziale oder bautechnische.

Es bestehen u.a. Probleme mit dem Internationalen Olympischen Komitee. (IOC). Das IOC legt der austragenden Stadt einen Vertrag vor, durch den es die Vorgaben macht was wie und wann ausgetragen werden soll, die Stadt hat fast keinerlei eigene Rechte und Selbstbestimmung mehr. Das IOC steht in der Kritik einen autokratischen Führungsstil zu betreiben, korrupt und intransparent zu sein und die Meinungsfreiheit (u.a. die der austragenden Städte) einzuschränken. Die olympischen Spiele sind besonders für nationale und internationale Unternahmen und Sponsoren, besonders für das IOC. In den vergangenen 30 bis 40 Jahren musste in erster Linie der Steuerzahler für die Gesamtkosten der olympische Spiele aufkommen, Folgen der Spiele waren, dass Mieten, Immobilienpreise und Lebenserhaltungskosten gestiegen sind und arme, geringverdienende Menschen aus der Stadt vertrieben worden sind.(Vergleich: Die Linke-Hamburg: NOlympia in Hamburg, PDF-Datei)

Rückblickend kann gesagt werden, dass in fast allen Fällen die Austragung der Spiele einen negativen Effekt auf die Haushaltslage der Stadt bzw. des Landes hatte und die tatsächlichen Kosten bei weitem die kalkulierten überstiegen. Teilweise kamen Abweichungen von 1400 %, hauptsächlich durch Kostensteigerungen bei Baumaßnahmen zustande. Zudem nahmen in fast allen Fällen die Umweltbelastungen durch zunehmende Verkehrsbelastung vor und während der Austragungsphase zu. (Vergleich: Die Linke-Hamburg: NOlympia in Hamburg, PDF-Datei) 

Man könnte die Liste von Gefahren, Nachteilen und Risiken die eine Ausführung der paralympischen und olympische Spielen mit sich bringen würde noch weit ausdehnen doch abschließend möchte ich Hamburg bitten, Zeit, Geld, Leidenschaft und Energie in kleiner gesteckte und wichtigere Maßnahmen, wie beispielsweise die Flüchtlingspolitik, zu stecken.

Hamburgs Olympiabewerbung

Die olympischen und paralympischen Spiele in Hamburg. Der Gedanke dürfte jedem Bürger der Hansestadt bereits etwas näher gebracht worden sein. In den Bussen, in den Bahnen, in Zeitungen, auf den Straßen springt mir in letzter Zeit oft ein Symbol entgegen. Eine verschlungene blau-rote Flamme. „Feuer und Flamme für die Spiele in Hamburg“. Hamburg will sich für die Austragung der olympische Spiele 2024 sowie 2028 bewerben.

Mit der Austragung der Spiele sieht Hamburg eine einmalige Chance für die Stadt. Infrastruktur, Sportstätten-  und Wohnungsbau kämen um Jahrzehnte voran. Das Herz der Spiele wäre laut Planung „Olympic City“ auf dem kleinen Grasbrook. Auf dem jetzigen Industrie- und Hafengebiet soll das  Olympiastadion, die Olympia-Schwimmhalle, Olympiahalle und das olympische Dorf entstehen. Als Hotelersatz soll ein Kreuzfahrtterminal und als zusätzliche Sportstätten ein Rugby-Stadion im Volkspark und eine Kanuslalom-Wildwasserstrecke in Wilhelmsburg entstehen. Der Sportstättenbau kostet ca. 2,17 Milliarden Euro, die Kosten der Spiele insgesamt bei vermuteten 6,7 Milliarden Euro, wobei die Kosten fast immer über den veranschlagten Kosten lagen. Wissenschaftler an der Universität Oxford haben errechnet, dass sie Kosten für die Sommerspiele von 1960-2012 durchschnittlich 252 % über den geplanten lagen. Es ist jedoch eine Kostenkontrolle und eine sorgfältige Risiko- und Zeitsteuerung vorgesehen, außerdem ist die Stadt dazu verpflichtet keine neuen Schulden zu machen. Hamburg setzt auf ein nachhaltiges Konzept, das vorsieht, dass die Olympiahalle nach den Spielen als Kreuzfahrtterminal benötigt wird, dass das Olympiastadion von 70.000 auf 20.000 Plätze verkleinert wird, dass aus der Schwimmhalle ein Schwimm- und Erlebnisbad werden soll. Aus den Quartieren der Athletinnen und Athleten im Zentrum Hamburgs und im olympische Dorf soll nach den Spielen ein neuer Stadtteil mit rund 3.000 Gewerbe- und Grünflächen und Wohnungen entstehen. 1/3 dieser Wohnungen sollen Sozialwohnungen, 1/3 freifinanziert und 1/3 Eigentumswohnungen sein. Nach den Spielen soll die Fußball-Regionalliga im Rugby-Stadion im Volkspark spielen. Bereits vorhandene Sporthallen und Sportanlagen würden für Olympia renoviert und modernisiert werden, Investitionen für die nächsten 50 Jahre würden entstehen, der Bus- Bahn- sowie Fahrradverkehr würde ausgebaut, Wohnräume und Arbeitsplätze geschaffen werden. Olympia würde Hamburg moderner und leistungsfähiger machen, produziere gute Ideen, kurz, würde Hamburg „nach vorne bringen“, so der SPD-Politiker Michael Neumann, Senator für Inneres uns Sport. Die Infrastruktur, sowie der Sportstätten- und Wohnungsbau würde also um Jahrzehnte vorankommen (Vergleich zur Entwicklung Londons nach den olympischen Sommerspielen 2012). Unterstützt werden würde das Ganze vom Bund und vom IOC, dem internationalen olympischen Komitee, das die hauptverantwortliche Instanz  für die Betreuung und Mitorganisation der Sommer- und Winterspiele, der Auswahl der Austragungsorte und der beteiligten Sportarten ist.

Neue Mitglieder willkommen!

Im neuen Schuljahr wollen wir gerne neue Mitglieder aufnehmen! Wir laden interessierte Schüler aller Klassenstufen herzlich ein, am Montag, den 8.9.2014 um 15:45 zu einer ersten Sitzung nach K19 zu kommen. Egal, ob ihr euch für Texte, Videos, Fotos oder Podcasts interessiert, kommt gerne vorbei.

Projektwochen der neunten Klassen

Am Ende eines jeden Schuljahres findet doch immer solch eine mysteriöse Projektwoche statt, doch was passiert eigentlich hinter den Kulissen? Tom und Joscha enthüllten extra für euch die streng geheimen Aktivitäten der neunten Klassen und konnten sogar exklusives Videomaterial einer Gruppe aus der neunten Klasse entwenden. Dieses stellt ein entworfenes Denkmal in Form einer 3D Animation dar, welches sich den Geschwistern Scholl widmet.

Pflanzt die Nationalmannschaft jetzt Bäume?

Donnerstag, der 12.6.2014 in São Paulo, kurz vor 22:00 Uhr nach MESZ:

Die Nationalmannschaften von Brasilien und Kroatien laufen in das Stadion ein.

Dann kommt der Anpfiff… Kroatien am Ball.

Dann der Abpfiff… Brasilien gewinnt.

STOPP! Das war schon zu spät. Was passiert bevor die Mannschaften einlaufen? Klar, der Trainer bespricht in der Kabine die letzten Spielzüge. Aber auch das ist schon zu spät.

Wie kommen die Spieler eigentlich von ihrem Quartier zum Stadion?

Mit dem Flugzeug? Mit Autos? Mit Bussen? Mit Fahrrädern? Zu Fuß?

Letzteres wäre wohl am besten für die Fitness der Spieler, ist aber bei 5694km Reiseweg der Deutschen in der Vorrunde doch ein bisschen viel.

Da bleibt eigentlich nur noch das Flugzeug als sinniges Verkehrsmittel.

So wird allein nur für die Mannschaft in der Vorrunde ein CO2-Ausstoß von Rund 50 Tonnen nur durch das Fliegen produziert.

Um dieses CO2 innerhalb eines Jahres durch Bäume zu binden, müsste die Mannschaft 5000 Bäume pflanzen. Das wäre auch gut für die Fitness der Spieler.

Herzlichen Glückwunsch, liebe Umwelt.

Hintergründe zur Fußball Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien

Dicht vor dem riesigen HD-Fernseher ein Berg aus Knochen, Fleisch und Fett. Über den Bierbauch spannt ein weißes Fußballtrikot mit den Farben Schwarz, Rot, Gold. Teilnahmslose, stumpfe Augen verfolgen das WM-Spiel, das im Fernsehen übertragen wird, ab und zu wird die Flasche Bier zum Mund geführt. Entschuldigt bitte dieses klischeehafte Bild des deutschen WM-Guckers, doch es steigt sofort in mir auf, wenn ich an „Fußballweltmeisterschaft“ denke. Ich denke an Menschen, die stumm abends vor dem Fernseher sitzen und nur das für sie geschaffene, veränderte repräsentative Bild eines Landes wahrnehmen und nicht im Ansatz ein Empfinden für die Zustände hinter dieser Maskerade entwickeln. Menschen, die in verrauchten Kneipen sitzen oder eingepfercht zwischen schwitzenden Körpern in Public Viewing Stätten stehen und das übertragene Fußballspiel als patriotisches Ereignis oder nur als Unterhaltungsmedium wahrnehmen. Dieses Empfinden für den Fußball ist oft verständlich und durchaus nachzuvollziehen in einer Zeit, wo uns Kriege, Krisen und Probleme tagtäglich belasten und Abwechslung oder eher Ablenkung sehr gelegen kommt. Doch trotzdem sollte man auch ein Auge hinter die Unterhaltung im Zuge der Fußballweltmeisterschaft offen lassen. Einen Blick hinter die perfekte, makellose und fröhliche Stimmung in Brasilien werfen, denn was auch dieses Jahr im Zuge der WM vor sich gegangen ist, ist erschütternd.                                                                                                                                                                                                         Die südafrikanische Fußball-Konföderation CONMEBOL legte Brasilien als einzigen Bewerber um die WM 2014 fest. Bei der Auswahl des Gastgebers erfüllte kein brasilianisches Stadion die FIFA-Anforderungen für Fußballweltmeisterschaften: einige Stadien wiesen erhebliche Sicherheitsmängel auf, mehrere wurden neu errichtet und modernisiert, die Kosten dafür betrugen 2,53 Milliarden Euro. Zudem galt die Infrastruktur Brasiliens, insbesondere Flughäfen, als mangelhaft, Maßnahmen zur Verbesserung kamen nur schleppend und nicht im geförderten Ausmaß in Gang. Neben den Flughäfen investierte Brasilien rund 10,5 Milliarden Euro in innerstädtische Infrastruktur, Um- und Neubau von 12 Stadien, Telekommunikation, Hotels und Sicherheitsbereiche. Der FIFA-Generalsekretär warf Brasilien vor, es sei mehr daran interessiert die WM zu gewinnen, als sie vorzubereiten, der FIFA-Präsident prangerte jahrelange Untätigkeit Brasiliens nach der WM-Vergabe, schlechte Arbeitsorganisation sowie Versagen der beteiligten ausländischen Unternehmen, insbesondere Deutschland und Frankreich, an. Die Vorbereitungszeit Brasiliens auf die Fußball-Weltmeisterschaft steht in einem eher düsteren Licht. Rund 250.000 Menschen sind mittlerweile für Infrastrukturprojekte zwangsvertrieben worden. Das Ziel ist es ärmere soziale Schichten aus dem Umfeld der neuen Sportarenen zu entfernen. Die Bauprojekte waren in Gegenden angesiedelt, in denen es ärmere Viertel oder Favelas gab und diese Bewohner waren gezwungen ihr angestammtes Wohnviertel zu verlassen. In den meisten Fällen werden die zwangsumgesiedelten Brasilianer nicht in die unmittelbare Nähe ihrer alten Heimat zurückkehren können, sondern werden in Stadtviertel bis zu 60 km entfernt platziert. Die staatlichen Entschädigungszahlen liegen bei nur etwa 1800 Euro. Dieser „sozialen Säuberung“ wurden viele Orte unterzogen, ob ein Stadion, ein Hotel oder ein Mannschaftsquartier gebaut wurde. Ein weiterer Punkt, der die WM trübt sind die Vorkommnisse auf den Baustellen der brasilianischen Stadien. Mehrere Bauarbeiter kamen wegen schlechten Arbeitsbedingungen ums Leben. Es gab gravierende Sicherheitsrisiken, Unfälle, Arbeitsunterbrechungen, Streiks und Verstöße während der Bauphase. Unter anderem diese Ereignisse ließen einen Teil der brasilianischen Bevölkerung demonstrieren. Im Juni 2013 brachen diese landesweiten Proteste gegen die Ausrichtung der WM in Brasilien, gegen Korruption, insbesondere der Verwaltung, gegen soziale Missstände und gegen die Erhöhung von Preisen im öffentlichen Nahverkehr sowie gegen unrechtmäßige Polizeigewalt aus. Es sind die größten Unruhen seit dem Ende der Militärdiktatur. Diese Proteste, diese Forderungen die nun endlich öffentlich der Regierung vorgetragen wurden, wurden jedoch leider niedergeschlagen und arteten in Straßenschlachten aus. Am 20. Juni 2013 protestierten etwa 1 Millionen Brasilianer in mehr als 100 Städten. Bei friedlichen Protesten in Rio de Janeiro etwa setzte die Polizei Tränengas-Granaten, berittene Einheiten und gepanzerte Fahrzeuge, um gegen die Demonstranten vorzugehen, ein. 44 Menschen wurden in Rio verletzt, in ganz Brasilien mehr als 100, größtenteils durch die Gummigeschosse der Polizei. Die Präsidentin Rousseff reagierte am 21. Juni 2013 auf die Proteste mit dem Versprechen unter anderem die Mängel im öffentlichen Dienstleistungssystem zu beseitigen, das öffentliche Transportwesen zu verbessern und mehr Geld aus Öleinnahmen in Bildung zu investieren.                       Ich möchte die Fußball-WM keinesfalls schlechtreden. Dieses Ereignis hat schon längst Tradition, bereichert uns und schafft oft ein schönes Bild von Kooperation, Zusammenhalt und Internationalität. Jedoch sollte man einen Blick dafür bewahren, was hinter der WM von statten geht und dazu beitragen, dass das Ereignis gewaltfrei und gerecht bleibt.

Die Dame in den schwarzen ledernen Schnürschuhen

Dame mit SchnuerschuhenAltenheime in Deutschland

Die Geschichte der Dame in den ledernen schwarzen Schnürschuhen (siehe Bild links) wurde mithilfe meiner Erinnerungen an das Altenheim meiner Großmutter erschaffen. Als Kind konnte ich mir niemals vorstellen, in einem solchen Heim zu leben. Jedes Mal beim Betreten des sterilen, sauberen Gebäudes fühlte ich mich eingeengt, in einer seltsam gedämpften Stimmung. Ich empfand die Einrichtung als äußerst unpersönlich und unangenehm förmlich. Heute frage ich mich, warum dieses Gebäude so auf mich gewirkt hat und wie es hinter diesem unbestimmten Eindruck aussieht.

Vielen Einrichtungen für Altenbetreuung fehlt es an Personal, laut „Die Welt“ beschäftigt jedes vierte Heim zu wenig. Die Patienten aber müssen gepflegt werden, sie sind auf Unterstützung angewiesen. Doch in nicht seltenen Fällen werden sie ruhig gestellt, mit hohen Dosen  Psychopharmaka vollgepumpt, an Bett oder Rollstuhl fixiert. Die Versorgung der Menschen, die eigentlich Liebe und Zeit braucht, Medikamenten- und Essensvergabe, Waschen, Reden, Zuhören, geht schnell und unter Zeitdruck vonstatten, es versorgen häufig zwei Pfleger ca. 25 Bewohner.

Doch auch andere drastische Probleme gibt es in manchen Altenheimen. Gewichtsverluste durch unzureichende Ernährung, Wundliegen oder Unterernährung sind nur einige Beispiele. Umstände wie diese führten laut einem Bericht des Sozialverbandes Deutschland (SoVD) zu einer Zahl von 10.000 Todesfällen im Jahr 2004 durch mangelhafte Versorgung.

Quellen:
http://www.welt.de/wirtschaft/article13638899/Korruption-und-Betrug-der-grosse-Altenheim-Report.html
http://www.sueddeutsche.de/muenchen/probleme-bei-pflege-erneut-maengel-in-einem-seniorenheim-1.1062514
http://www.zdf.de/Volle-Kanne/Pflegenotstand-im-Altenheim-6871444.html


 

Interview mit einem Zivildienstleistenden einer Altenpflegeeinrichtung

Hier folgt ein Interview mit einem ehemaligen Zivildienstleistenden, damals 19 Jahre alt, der ein halbes Jahr in einer Altenpflege- und Wohneinrichtung Erfahrungen sammelte und über seine Zeit dort berichtet.

1. Was hatten Sie für Aufgaben in Ihrem Pflegebereich?

Ich war in der „Beschäftigungstherapie“ – also habe ich sehr verschiedene Tätigkeiten ausgeübt. Es gab jede Woche einen festen Wochenplan, der z.B. Kegeln, Singen oder Basteln für Senioren beinhaltete. Aber es gab auch jede Woche einen Markttag, an dem ich gehbehinderte Personen begleitet habe, ihre wöchentlichen Einkäufe zu tätigen. Zusätzlich war auch jeden Tag eine Zeit für „Bewohnerbesuche“ vorgesehen, bei denen ich z.B. mit den Senioren sprechen oder z.B. mit ihnen Gesellschaftsspiele spielen konnte. Außerdem gab es ca. alle zwei Monate einen Ausflug mit einem Kleinbus, bei dem ich gehbehinderten Personen die Mitfahrt ermöglicht habe.

2. Was für einen Eindruck hatten Sie von den Patienten?  Waren sie sich bewusst, wie sie gelebt haben? Haben sie es hingenommen, wie sie dort leben, leben müssen und behandelt werden, oder haben sie sich geäußert, sich bedankt oder beschwert, eine Rückmeldung gegeben…?

Es gab natürlich viele verschiedene Heimbewohner. Zu den fünf normalen Wohnbereichen gab es auch einen gesonderten Demenzbereich. Dieser wurde gesondert behandelt. Wer aber wollte, konnte auch unter Anleitung und besonderer Betreuung an den allgemeinen Aktivitäten in der Beschäftigungstherapie teilnehmen. Im Prinzip waren die Bewohner sehr gemischt. Jeder hatte seine eigene Vergangenheit und so auch seine persönlichen Eigenheiten. Körperlich waren die meisten Heimbewohner aber eher eingeschränkt. Als Mitarbeiter in der Beschäftigungstherapie hatte ich aber die Aufgabe, sowohl körperlich fitte Personen zu unterhalten als auch Besuche bei z.B. bettlägerigen Bewohnern durchzuführen, damit diese nicht in ihrem Zimmer vereinsamen. So hatte ich im Groben natürlich immer mehr Kontakt mit den Personen, die keine eigene Familie mehr hatten oder generell wenig Besuch bekamen. Zu den anderen Fragen lässt sich keine generelle Antwort formen, denn, wie gesagt, sind alle Heimbewohner sehr unterschiedlich in ihrem Auftreten und ihren Eigenheiten.

3. Hat das Arbeiten in dem Altenheim Ihre Sicht oder Ihr Verständnis auf das Thema Altenheime beeinflusst, hat es einen Eindruck auf Sie hinterlassen oder Sie Erfahrungen machen lassen

Ja, natürlich hat die Einsicht in den Betrieb eines Seniorenheims von innen meinen Eindruck verändert bzw. beeinflusst. Der größte Negativaspekt ist sicher der Kosten- und der damit verbundene Zeitdruck im Regelbetrieb. An allen Ecken und Enden muss gespart werden. Dies hat sich vor allem für mich darin bemerkbar gemacht, dass das Pflegepersonal z.T. extrem häufig gewechselt hat und damit die Stimmung unter den Bewohnern sehr beeinträchtigt war. Eine konstante Pfleger – Bewohner – Beziehung konnte nur in den seltensten Fällen aufgebaut werden. Allerdings ist in Zeiten, wo die Bevölkerung durchschnittlich immer älter wird, dabei aber auch immer weniger Kinder hat, ein Seniorenheim sehr wichtig. Viele Personen, die eventuell alleine zu Hause ohne die familiäre Unterstützung kaum zurecht kommen würden, können in einem solchen Heim durchaus den Anschluss zur Gesellschaft wahren. Aber meines Erachtens liegt die Zukunft vom Leben im Alter in kleinen Wohngemeinschaften, die z.B. täglich durch einen mobilen Pflegedienst unterstützt werden. Es liegen doch einfach zu große Nachteile in gewinnorientierten großen Pflegeheimen.

4. Gab es ein Erlebnis, das Sie nachhaltig geprägt hat?( Eine besondere Erfahrung, ein Moment, ein Gespräch, eine Begegnung…?) (positiv/negativ)

Das, was mich am meisten geprägt hat, war sicher der Umgang mit dem Personal. In einem halben Jahr Arbeitszeit habe ich ca. 20 Kündigungen bzw. eine Nichtverlängerung von Jahresverträgen mitbekommen. Es erschien so, als wäre es eine Masche, das Personal nur zwei Jahre in Zeitverträgen zu halten und Festanstellungen zu vermeiden, sodass die Leute nach spätestens zwei Jahren aus dem Betrieb entlassen wurden.

Außerdem war das wahnsinnig schlechte Großküchenessen eine Frechheit den Bewohnern gegenüber. Es war sehr durchgekocht, wurde morgens einfach aufgetaut und dann warm gemacht, das hätte man eigentlich nicht durchgehen lassen dürfen!

Positiv haben mich die Gespräche mit Bewohnern geprägt – die Bewohner waren zum Teil sehr interessante Menschen, mit denen man sich unterhalten und deren persönliche Lebensgeschichte man erfahren konnte. In Seniorenheimen kann man noch die letzten Zeitzeugen des Dritten Reiches antreffen. So hat man die Möglichkeit, spannende Gespräche und Erzählungen zu der Zeit zu führen. Es war schön, ihnen im Alltag zu helfen, zum Beispiel beim Einkaufen oder Ausflüge mit ihnen zu machen, was sie ohne mich nicht geschafft hätten.

5. Welche Probleme und Schwachstellen sehen Sie an der Einrichtung Altenheim?

Die Gewinnorientierung und die Größe solcher Betriebe. Mit der Pflege sollte kein Profit gemacht werden. Als erstes muss das schlecht bezahlte und meist unterbesetzte Personal darunter leiden. Danach kommen gleich die Bewohner, die sich immer wieder an neue Leute gewöhnen müssen und häufig wegen des Zeitdrucks nur sehr kurz betreut werden.

6. Wenn Sie die Möglichkeit hätten, was würden Sie an dem System und der Organisation der Altenheime ändern wollen?

–      kleinere Pflegebereiche

–      geschultes, angemessen bezahltes, festes Personal für feste Bereiche

–      keine Gewinnorientierung der Eigentümer

–      mehr Offenheit für neue Betreuungskonzepte

–      Gründung von Wohngemeinschaften für Senioren

–      mehr Pflegedienste zu Hause